Leitet Künstliche Intelligenz einen neuen Kreativitätsbegriff ein? Und wie lässt sich Kreativität in einer Kultur der Digitalität überhaupt definieren? Zum Auftakt der zweiten Staffel haben wir Juliane Ahlborn von der Universität Bielefeld zu Gast. Sie ist Expertin auf dem Gebiet „KI und Kunst“ und derzeit wissenschaftliche Mitarbeiterin in der Medienpädagogik an der Fakultät für Erziehungswissenschaft. Gemeinsam mit unserem Moderator Peter Kann spricht sie über die Rolle des Subjekts als Kreativschaffende, Remix-Kulturen, Körperbilder und neue Abhängigkeitsverhältnisse. Außerdem widmen sie sich den spannenden Fragen, ob KI mehr als ein Werkzeug ist und Quellcode auch schön sein kann.
Foto: Jana Dünnhaupt
Moderation: Peter Kann
Schnitt & Text: Julia Fritz
willkommen zum KI-Insights-Podcast. Mein Name ist Peter Kahn und ich freue mich sehr, heute Juliane Ahlborn von der Universität Bielefeld als Expertin für das Thema KI und Kunst bei uns im Podcast begrüßen zu dürfen. Hallo Juliane. Hallo
Peter, ich freue mich riesig, dass ich heute hier sein kann.
Juliane ist zurzeit wissenschaftliche Mitarbeiterin in der Medienpädagogik im Fachbereich Erziehungswissenschaften und promoviert zum Thema Ästhetik, Subjektbildung, die Berechenbarkeit der Künste. und promoviert zum Thema Ästhetik, Subjektbildung, die Berechenbarkeit der Künste. Heute soll es auch in unserer Folge um die Themen Kunst und Kreativität im Kontext von künstlicher Intelligenz gehen. Studien haben dass generative KI bei Kreativitätstests Juliane, ähnlich gezeigt, gut abgeschnitten hat wie die menschliche Vergleichsgruppe. Aus deiner was ist eigentlich Perspektive, Kreativität?
Ja, das ist eine gute Frage. Ich würde sagen, dass Kreativität in erster Linie darauf abzielt, auf etwas zu erschaffen, also darauf etwas zu erschaffen und Neues hervorzubringen, also tatsächlich Dinge hervorzubringen, die es so in der Weise noch nicht gegeben hat. Dabei beziehe ich mich auf Margaret Bodden, die hat da eine Unterscheidung getroffen bereits in den 90er Jahren zwischen personal, also persönlichem Neuigkeitswert und einem historischen Neuigkeitswert. Das heißt, dass es entweder persönlich neu ist in der Weise oder eben historisch neu und insofern dann so noch nie dagewesen ist. Aber man muss dazu sagen, dass sich der Kreativitätsbegriff im Grunde schon immer irgendwie verändert hat. Grunde schon immer irgendwie verändert hat, also dass Kreativität beispielsweise in der griechischen Antike auch schon immer mit einem erhöhten Bewusstseinszustand in Verbindung gebracht wurde, aber gleichzeitig eben auch immer mit so einem göttlichen Etwas, was dann aber wiederum später auch mit geisteskranken Zuständen in Verbindung gebracht wurde, also nicht immer nur so positiv besetzt war und ist, wie es möglicherweise heute der also nicht wurde, immer Fall nur so positiv besetzt war und wie es ist. möglicherweise ist, heute der Fall ist.
Okay, wie wir gerade gehört haben, man kann Kreativität testen. Wie stehst du dazu? Kann man aus deiner Sicht Kreativität tatsächlich testen?
würde sagen, das ist dabei relativ, also ich stelle mir das sehr schwierig vor, Kreativität zu testen, zumal ja auch Intelligenz eigentlich was ist, was super abstrakt ist und in der Weise eigentlich nicht zu testen ist aus meiner Sicht. Ich würde sagen, dass der Output einer kreativen Leistung, einer kreativen Handlung möglicherweise bewertbar ist, aber auch das wiederum und würde meines Erachtens irgendwie einem menschlichen Urteil unterliegen. Und ist insofern dann wiederum abhängig davon, wie jemand etwas betrachtet, wie jemand den Neuigkeitswert von etwas betrachtet. Weil Margaret Borden hat, das ist vielleicht nochmal ein Bezug dazu, gesagt, dass eine kreative Idee eine solche ist, die sich durch wertvoll, interessant und überraschend irgendwie, also durch diese Momente kennzeichnet. Und insofern ist das was, klar, das kann man irgendwie bestimmen, aber ich würde sagen, das ist immer subjektiv geprägt, wie Menschen das sehen und wie Menschen solche Ideen bewerten und in der Weise würde ich sagen, dass man das vermutlich auf der Ebene testen kann, ist dann aber die Frage, wie aussagekräftig solche Tests sind letztlich.
In dem Sinne könnte man vielleicht auch sagen, dass Kreativität sozusagen als historisch veränderlicher Begriff auch unter dem Einfluss von KI vielleicht nochmal eine Reaktualisierung erfahren muss.
Absolut. Ich würde auf jeden Fall sagen, dass Kreativität schon immer irgendwie ein Begriff ist, der sich in einem Wandel befindet, so wie Sprache im Allgemeinen ja eigentlich einem andauernden Wandel unterliegt. Würde ich sagen, dass auch Kreativität einem solchen Wandel unterliegt und das Verständnis natürlich dann immer abhängig ist von vorherrschenden soziokulturellen, aber auch sozio-technischen Bedingungen eigentlich. Das heißt also, wie Gesellschaft eigentlich dann mit neuen Dingen, Neuerungen umgeht. Und ich würde sagen, dass KI das in einer besonderen Weise herausfordert, weil man da immer davon ausgeht, dass in Anführungsstrichen die KI etwas macht oder etwas schafft und in der Weise Neues hervorbringt. Und auch das ist was wieder mit Bezug auf Margaret Bodden, die gesagt Algorithmen, hat, ja, also die hat das in den 90er Jahren schon gesagt, vielleicht für den die gesagt hat, Kontext, das ist was Algorithmen ja, durchaus was, können, etwas Neues hervorzubringen. Aber auch dann sind wir letztlich wieder an einem Punkt, wo Menschen darüber ob das tatsächlich was ist, urteilen, was
Du hattest eben das schon ein bisschen Genau. angesprochen, hast das Subjekt sozusagen mit reingebracht. Darum meine Rückfrage vielleicht nochmal. denkst ist Kreativität eigentlich abhängig vom Subjekt, Inwiefern, du, von der Subjektivität
Ich würde sagen, dass jeder Kunstschaffende oder überhaupt Kreativschaffende im weitesten Sinne Dinge hervorbringen, ausgehend von den Erfahrungen, die sie im Laufe ihres Lebens gesammelt haben. Und in der Weise würde ich sagen, dass jeder kreative Schaffensprozess letztlich an einen Menschen gebunden ist, an menschliche Erfahrungen, die dann wiederum in irgendeine Form überführt werden. Und diese Form kann facettenreich sein. Also das heißt, es muss nicht zwingend ein Bild sein oder ein Musikstück oder ein Textstück oder was auch immer. Oder auch was Performatives kann es ja auch sein. Das würde ich aber durchaus sagen, dass das eigentlich immer an einen Menschen gekoppelt ist. Und das wiederum wird ja auch gerade durch den Einsatz von KI herausgefordert, weil überall Tools auftauchen. Es gibt bildgenerierende, textgenerierende, was auch immer generierende Tools, die dazu genutzt werden, um kreative Dinge hervorzubringen, um neue kulturelle Artefakte auch hervorzubringen, die aber dann letztlich auch immer wieder an den Menschen rückgebunden sind, die irgendwelche Erfahrungen gesammelt haben und die auf eine Form, in irgendeiner Form zum Ausdruck bringen.
weil du gerade es bezieht sich Kreativität auch immer sozusagen auf einen Könnte man vielleicht dass KI auch so eine Art von gesammeltem Erfahrungshorizont vielleicht in sich aber trotzdem die Frage vielleicht ob künstliche Intelligenz eigentlich in unserem in dem wie wir es gerade besprochen kreativ sein kann Okay, oder ob das eben tatsächlich sagtest, nur geht in Koproduktion mit einem Menschen, Erfahrungshorizont. sagen, birgt, auch, Sinne, Sinne, haben, mit einem tatsächlichen
Ich fange mal mit der ersten Frage bezüglich an, des kollektiven Erfahrungshorizontes, der KI irgendwie eingeschrieben ist oder nicht. Ich würde sagen, auf jeden Fall steckt da was drin, was kollektiv, gesamtgesellschaftlich letztlich produziert ist. Nämlich auf der einen Seite sind es die zugrunde liegenden Daten, die für das Training von algorithmischen Modellen verwendet werden, die natürlich dann letztlich von Menschen produziert wurden als allererstes, die aber dann letztlich auch von Menschen wiederum klassifiziert wurden, damit diese Systeme diese Daten in einer bestimmten Form verarbeiten können. Und dann natürlich aber auch auf der Ebene der algorithmischen Modelle, die ja auch wiederum menschlich geschaffen wurden oder erstellt wurden, zusammengestellt wurden. Und insofern würde ich sagen, auch da gibt es schon Auseinandersetzungen zu aus der Kunst, aus kunstwissenschaftlicher Perspektive, wo dann von einem Remix gesprochen wird. Also das ist Pamela Skorzin, die sich da aus dieser Perspektive an diesen Gegenstand nähert, die sagt, ja, wir haben mit KI eigentlich ein Tool geschaffen oder wir haben es mit einem Tool zu tun, das sich durch Serialität, durch Amalgamierung, durch Morphing, durch eine Remix-Kultur letztlich auszeichnet, die eigentlich sowieso schon für unsere Gesellschaft, in der wir leben, also die Kultur der Digitalität, mit Felix Stalder vielleicht gesprochen, auszeichnet. Also dass das schon was ist, was unserer Gesellschaft ja inhärent ist letztlich.
man vielleicht sagen, dass das so eine Art automatisierte Kulturtechnik ist, die wir sowieso schon beherrscht haben im Sinne von Remixen, Brikolagen und ähnlichem.
Ja, könnte man sagen. Ich würde aber noch ein Stück weiter gehen, weil das eben nichts ist, was dann also ja, es ist immer zielgerichtet, aber ich würde sagen, dass das eine Form von Remix ist, die wir eigentlich gar nicht mehr auf allen Ebenen durchdringen, weil wir nämlich nicht wissen, welche Daten dem Ganzen zugrunde liegen. Wir wissen nicht, wo die Daten im Detail herkommen. Wir können auch nicht genau wissen, wie diese algorithmischen Modelle dann letztlich dazu führt, dass im allgemeinen Diskurs noch von Blackboxes gesprochen wird und von diesen komplexen Systemen eben in einer Form, die auf eine bestimmte Art und Weise mystifizierend ist eigentlich.
Prozesse eigentlich auch ein Stück weit die Verantwortung nutzen, aus der Hand geben, also ein Stück weit sozusagen auch nicht mehr begründen können, warum ihr Kunstwerk so gelungen oder ungelungen ist, wie man es eben auch betrachten will, wie es eben ist.
würde sagen, dass es da unterschiedliche Typen von Kunstschaffenden gibt und Kreativschaffenden, die das auf eine unterschiedliche Art und Weise nutzen. Weil es gibt eben solche KünstlerInnen und Kreativschaffende, die Tools benutzen, die eine intransparente, meines Erachtens intransparente Struktur haben, wo eben wirklich nicht klar ist, welche Datensätze dem Ganzen zugrunde liegen, die dann auch dazu führen, dass Dinge hervorgebracht werden, die so nicht absehbar oder auch gewollt, also das ist tatsächlich auch noch ein Punkt, dass Artefakte auftauchen, die gar nicht gewollt waren für die daraus resultierenden Werke auf der einen Seite. Aber auf der anderen Seite gibt es eben solche Kunstschaffenden, die explizit daran arbeiten, eigene Modelle zu trainieren, mit eigenen Datensitzen arbeiten und dem dann gewissermaßen entgegenwirken, um genau sowas nicht zu haben, was dann letztlich schon in den Daten eingeschrieben ist.
Genau, vielleicht kann man davon auch mal ein bisschen weiterdenken noch und sich die Frage stellen, wie beeinflusst eigentlich KI die kreativen Prozesse des Menschen? Also ist es eher eine Form von Katalysator, diese neue Möglichkeit, oder kann man es vielleicht auch als eine Form von Nivellierungsmaschine sehen?
würde sagen, auch da muss man unterscheiden. Es gibt solche, die das tatsächlich nutzen, um Muster auswendig zu machen und genau auf diese Muster hinzuweisen. Es gibt aber auch solche, die das gezielt nutzen, um sich selber zu inspirieren. Also da denke ich gerade zum Beispiel an Roman Dipski. Er ist ein Maler, der in Berlin lebt und arbeitet, schon seit vielen Jahren. Und der benutzt KI tatsächlich, um seine eigene Art und Weise des Ausdrucks auf eine neue Ebene zu bringen, um seine eigene Malerei letztlich… Er wollte immer abstrakt malen, er wollte gegenstandslos malen, das hat er mir gesagt in dem Gespräch. Und er wusste tatsächlich nicht, wie er da hinkommen soll, wie er da hingelangen kann. Er war vorher Architekt, Architektur- und Landschaftsmaler und hat das dann letztlich als Trainingsgrundlage genommen, also alle seine Werke, die er hat, als Trainingsgrundlage genommen, um das wiederum als Inspiration zu nehmen für neue Werke. Und das heißt, er ist immer noch Maler und das ist ihm auch super wichtig gewesen, das nochmal so ins Zentrum zu rücken. Aber nichtsdestotrotz würde er das dann als eine Inspiration, also als Erweiterung seiner eigenen kreativen Fähigkeiten betrachten und das dann auch weniger als Tool möglicherweise betrachten. Und es gibt demgegenüber halt auch solche KünstlerInnen, die das als Tool sehen und sagen, ja, das ist ein neues Werkzeug, mit dem ich es hier zu tun habe.
du hattest es eben schon angesprochen. Wir wechseln jetzt ein bisschen rüber schon von dem Bereich der Kreativität zu dem praktischeren vielleicht Bereich der Kunst. Und auch da stellt sich für mich natürlich auch die Frage, ist KI, Prozess des Kunstschaffens, eigentlich ein Werkzeug wie die anderen Werkzeuge, die wir auch kennen aus dem Kunstbereich? Oder ist es tatsächlich mehr? Also stellt sich natürlich auch mal die Frage der Autorinnenschaft damit, muss hier vielleicht auch ein neues Verständnis entwickelt werden?
Das ist auch eine gute Frage, die, glaube ich, auch viel diskutiert wird. Ich würde sagen, dass das insofern ein neues Werkzeug ist, ein anderes Werkzeug als beispielsweise Photoshop oder ein Pinsel, weil Dinge passieren, die unvorhersehbar sind. Jedenfalls bislang wieder mit Blick auf die Tatsache, dass eben da zugrunde liegende Datensätze vorhanden sind und algorithmische Modelle, die nicht in Gänze durchdrungen werden können, die nicht in Gänze nachvollziehbar und transparent sind. Und insofern würde ich sagen, dass es deswegen, ausgehend von dieser Tatsache, dass es ein Werkzeug ist, das eben unvorhersehbare Dinge tut. Also eine Kamera, die beispielsweise dann wann auch immer auslöst und dann irgendwas festhält, was möglicherweise gar nicht da war. wann auch immer auslöst und dann irgendwas was möglicherweise gar nicht da war. festhält, Auch das ist was wir Anfang des Jahrhunderts gesehen haben, was, 20. dass dann Sachen vor der Kamera passiert sind, die dann aber auf eine andere Art und Weise letztlich festgehalten werden konnten und das dann irgendwie so eine gewisse Eigendynamik hat. Und das ist was, was zum Beispiel Walter Benjamin damals ja auch schon vor dem Hintergrund der Reproduzierbarkeit von Kunst in den Blick genommen hat, als es dann um die Kamera ging. Also ist das was, was im Moment noch als Kennzeichen hervorgehoben wird, dass KI eingesetzt wird, was aber möglicherweise in Zukunft gar nicht mehr so relevant ist. Also dass wir gerade noch von KI-Kunst sprechen, aber möglicherweise in Zukunft gar nicht mehr diesen Zusatz brauchen. Und dabei beziehe ich mich tatsächlich auf Hannes B Bayor, der das auch schon so festgehalten hat, der gesagt hat, okay, wir haben es eigentlich mit einer Form von Kunst zu tun, deren Besonderheit im Moment noch vordergründig ist, aber wahrscheinlich in Zukunft in unser Werkzeugrepertoire einfach übergeht, wie die Kamera, wie Photoshop, wie viele andere Sachen auch, die Kunstverständnisse eigentlich schon immer so ein bisschen herausgefordert haben. Also gerade, wenn wir an digitale Kunst denken.
Genau, also in dem Sinne könnte man vielleicht sagen, nicht nur Kreativität ist ein historisch veränderlicher Begriff, sondern auch der Kunstbegriff unterliegt historischen Wandlungen und wir erleben vielleicht gerade eine Schwelle zu einem neuen Kunstbegriff. Vielleicht kann man nochmal überlegen, wenn Kunst Ausdruck der impliziten Erfahrungen des Menschen sind, wenn Kunst verbunden ist mit subjektiver Intentionalität, inwieweit kann KI in der Kunst eigentlich solche Ausdrucksprozesse befördern oder vielleicht auch beschränken?
Also ich würde sagen, einmal haben wir es eben damit zu tun, dass KI diese Prozesse erweitern kann. Also die Fähigkeiten der Mustererkennung, ja, allein aufgrund der Rechen- und Speicherkapazität, die das Menschen bei Weitem übersteigt und insofern als Erweiterung fungieren kann. Aber auf der anderen Seite gibt es eben damit einhergehend neue Abhängigkeitsverhältnisse. Also da sind wir bei Abhängigkeitsverhältnissen zu großen Unternehmen wieder neue Praktiken eigentlich, die sich auftun, wenn es um die Kuration und Sortierung und Ordnung, Strukturierung von Datensätzen geht, aber auch eben, wenn wir über diese algorithmischen Modelle nachdenken, die auf eine bestimmte Art und Weise trainiert werden. Das heißt, wir haben es mit vielen neuen Abhängigkeitsverhältnissen zu tun, die dann letztlich auf diesen künstlerischen Schaffensprozess sich auswirken oder einwirken. Gleichzeitig ist gerade dieser Ausdruck impliziter Erfahrungen an eine massive Übersetzungsleistung gekoppelt auf vielen Ebenen. Also wir haben einmal die erlebte Erfahrung, die überführt werden muss in eine Vorstellung, in ein Bild, das irgendwie erstmal so möglicherweise im Kopf existiert und das dann wiederum auf eine algorithmische Ebene gemünzt werden muss und das dann aber wiederum auch erst ausgeführt wird. Das heißt, es ist ein hochgradig performativer Prozess, der dann eigentlich, genau das ist dann eigentlich die Frage, inwiefern kann man da noch von einem Ausdruck impliziter Erfahrung sprechen, wenn er sich so vielen Übersetzungsleistungen letztlich unterzieht oder auch vielmehr die Frage stellt, was macht das mit dieser Form von Ausdruck oder wenn man über Artikulation spricht, für den Artikulationsprozess.
Genau, das ist ja jetzt gerade schon angesprochen. Ein bisschen zielt meine nächste Frage auch wirklich in die Richtung, inwieweit man vielleicht auch von einem anderen Werkbegriff ausgehen muss, wenn man den Einfluss von KI auf künstlerische Prozesse eigentlich mit berücksichtigen will. Das heißt also, was ist sozusagen in diesem Spannungsfeld von Algorithmizität und Materialität zu finden? Vielleicht auch diese nicht rezipierbare, nicht direkt rezipierbare Ebene, die KI-Kunst sozusagen mit einzieht.
das ist eine super Frage. Wenn wir über den Werkbegriff nachdenken, dann denken wir also ausgehend von traditionellen Formen der Kunst oftmals an ein Gemälde, an eine Skulptur, an eine Fotografie, an was auch immer. Also irgendwie was, was materiell greifbar ist das ist was was algorithmischer kunst im weitesten sinne also nicht nur im besonderen kai kunst nachgesagt wird dass sie eine immaterialität hat also eigentlich so nicht greifbar ist und in der weise nicht rezipierbar ist ich würde dem widersprechen zumal die künstler innen mit denen ich mich auseinandergesetzt habe immer wieder auch ihre arbeiten in eine materielle Form überführen. Das heißt, es können Skulpturen sein, die in irgendeiner Weise von KI inspiriert sind. Es können aber auch, wie gesagt, Gemälde sein, die inspiriert wurden von den berechneten Bildern, die eigentlich vorher dann erstellt wurden. Es können aber auch Performances sein, also die dann wiederum in den materiellen Raum hineinragen und irgendwie auf Missstände abzielen. Und gleichzeitig ist es so, dass auch der Code eine gewisse Relevanz hat, wenn wir über das Werk nachdenken. Das ist was, was beispielsweise sich in Urheberrechtsstreits niederschlägt. 2018 wurde im Christie’s ein Kunstwerk versteigert für eine knappe halbe Million US-Dollar. Und im Nachgang hat es einen Urheberrechtsstreit gegeben, aber nicht, weil der Künstler, also es waren Künstler in Kollektiv, die ein Kunstwerk versteigert haben und aber einen Code verwendet haben von einem anderen Informatiker, von einem Programmierer, der ja dann gesagt hat, hey, das ist aber mein Code, den ihr da verwendet habt. Es kann doch eigentlich gar nicht sein, dass ich dann gar nicht an diesem Werk beteiligt werde oder auch an dem monetären Wert, den das letztlich dann hatte. Also das ist genau die Frage, was ist eigentlich das Werk? Ist es das Einzelbild, das dabei hervorgebracht wird oder ist es möglicherweise die zugrunde liegende Algorithmen-Ebene, die Code-Ebene, die da irgendwie in diesen Werkbegriff mit aufgenommen werden sollte, gerade vor dem Hintergrund dieser Urheberrechtsgeschichten. Und ich habe einen Künstler in meinem Sample im Rahmen meines Dissertationsvorhabens, das ist Simon Weckert, der auch mitunter den Code ausstellt, also der dann tatsächlich neben seinem sichtbaren Werk den Code mitzeigt und präsentiert und dabei darauf abzieht, dass der Code eben auch auf eine bestimmte Art und Weise ästhetisch ist. Also für Menschen, die es verstehen, ich würde behaupten, das ist ähnlich wie bei Musik, dass jemand, der ein Verständnis davon hat, wie man Noten lesen kann, eher ein Verständnis davon haben kann, wie etwas klingt, als jemand, der beispielsweise nicht musikalisch ist und keine Noten lesen
man vielleicht sogar davon sprechen, dass sich die Rezeptionsebenen vervielfachen, indem man sozusagen nicht nur das Endwerk rezipieren kann, sondern man kann eben auch sozusagen den Code rezipieren, wie man vielleicht auch eine Partitur lesen kann, wenn man es kann, wenn man die Sprache sozusagen beherrscht. Und vielleicht können wir nochmal überlegen, wenn man jetzt davon spricht, dass Kunst ja häufig auch mit einer gesellschaftlichen Erkenntnisfunktion ausgestattet sein soll oder die wird ja jetzt zumindest zugeschrieben in mancher Perspektive. Inwiefern kann Kunst vielleicht auch gerade mit den Beispielen, die du ja auch beschrieben hast, dazu beitragen, künstliche Intelligenz sozusagen zu entmystifizieren, also sozusagen da nochmal eine größere Transparenz, eine bessere Nachvollziehbarkeit auch für die Rezipienten einzuziehen.
Ich würde auf jeden Fall sagen, dass KI-Kunst oder Kunst im weitesten Sinne einen großen Beitrag dazu leisten kann, genau diese Intransparenz und die Komplexität von diesen Systemen so ein bisschen zu durchleuchten. Ich habe noch eine weitere Künstlerin in meinem Sample, das ist Yvonne Thein, die sich der Frage stellt, okay, was macht das eigentlich mit Körperlichkeit? Weil gerade wenn wir über diese großen Datensätze sprechen, da sind natürlich auch Körperbilder drin, die auf eine bestimmte Art und Weise klassifiziert werden und dann eben bestimmte Gruppen umfassen, aber eben andere Gruppen ausblenden. Und ihr geht es dann im Grunde um die Frage, welche Körperformen tauchen denn da eigentlich auf und inwiefern werden andere möglicherweise verschwiegen oder eben untergeackert, sage ich mal, in der Datenmasse. Weil das ist ja eben auch ein Kennzeichen von künstlicher Intelligenz. Es geht um Mustererkennung in allererster Linie, also eine algorithmische Form von Mustererkennung in Daten. Und genau diese Mustererkennung findet natürlich dann das, was am meisten sichtbar ist, das, was gesellschaftlich am sichtbarsten bleibt, wird. Und das reproduziert es nicht nur, sondern das verstärkt eben genau diese vorherrschende Haltung, diese Voreinstellung, diesen Bias eigentlich. Und das ist was, was sie in ihren Arbeiten so ein bisschen auseinander nimmt, also versucht genau zu sagen, okay, wir haben es ja eigentlich, in unserer Gesellschaft gibt es weit mehr als nur diesen einen Körper, dieses eine Körperideal, sondern eben ganz viele. Und das ist was, was sie in ihren Formen, also in ihren Arbeiten dann beispielsweise in der Form von Skulpturen, aber auch in Form von Bildern zum Ausdruck bringt. Also im Grunde auch eine Fehlerhaftigkeit, die diesen Systemen so ein bisschen eingeschrieben ist, die dann zu Verzerrungseffekten führen. Genau, vielleicht
vielleicht kann man aber in dem Sinne auch davon sprechen, dass eine KI ähnlich wie auch Menschen natürlich den gesellschaftlichen Strukturen und Also ich rede
lauernd über Daten, aber das ist, glaube ich, was sehr zentral ist, wenn wir über KI im weitesten Sinne sprechen, weil KI letztlich immer nur ein Muster, also eine Analyse von Mustern in großen und strukturierten Datensätzen ist. Und das spielt letztlich aus meiner Perspektive jedenfalls keine Rolle, ob das eine Auswertung von Bilddaten ist, die beispielsweise Tumore umfasst oder ob das autonomes Fahren ist oder ob das eben Muster sind, die in irgendeiner anderen Form von Datum irgendwie enthalten ist. Und das ist dann ja was, was KI kennzeichnet. Und insofern würde ich sagen, dass das, was ist, was diesen Prozess irgendwie determiniert oder bestimmt prägt, wie auch immer man das sagen würde an dieser Stelle. Und das ist wiederum sehr, ja, ist natürlich geprägt oder bestimmt das gesellschaftliche Strukturen und eine gesellschaftliche Verfasstheit, weil es dann eine Rolle spielt, wenn wir über einen Bias sprechen, der beispielsweise dann auftaucht, wenn wir über eine Verteilung von Sozialleistungen sprechen, wenn wir über Bewerbungen sprechen, also Bewerbungsverfahren oder über andere gesellschaftlich relevante Prozesse, die dann, also ich will nicht sagen, andere gesellschaftlich relevante Prozesse.
Genau, vielleicht kann man da noch drauf einhaken. Natürlich sozusagen, was du gerade geschildert hast, das ist ja hinlänglich bekannt, sozusagen die Verzerrungs- und Beiratprozesse, die in künstlicher Intelligenz vor sich gehen. Vielleicht ist da nochmal sozusagen der Punkt, wo die Subjektivität ins Spiel kommen kann, wo das Reflexionsvermögen des Individuums, und zwar des menschlichen Individuums, sozusagen nochmal als korrektiv auch gelten kann. Also vielleicht kann man da auch nochmal ein bisschen die Unterscheidung sozusagen zwischen Vernunft und Verstand, also zwischen analytischem Wahrscheinlichkeitsdenken und dem wirklich reflektierten Denken nochmal mit reinbringen.
sagen, das ist dann wiederum was, was die KünstlerInnen selbst in diesen Prozess mit reinbringen und meistens ist genau das auch der Ausdruck oder nicht der Ausdruck, der Inhalt und Gegenstand dieser künstlerischen Auseinandersetzung, dass sie genau diese Tendenzen so ein bisschen durchleuchten und kritisch hinterfragen. Eine andere Künstlerin in meinem Sample, das ist Ornella Fieres, die hat sich genau mit der Frage auseinandergesetzt, okay, was auch wieder mit der Frage von Fehlerhaftigkeit, wann wird was erkannt und wann nicht. Beispielsweise arbeitet sie mit Fotos und Artefakten, die sie kauft, auf Flohmärkten, also mit Bildmaterial, das sie letztlich irgendwo nicht findet, aber kauft, aussucht und kauft. Und in der Weise dann nochmal untersucht, okay, was würde ein autonomes oder was würde ein algorithmisches, lernendes System in diesen Bildern sehen. Und dann kommen dann mitunter Beschreibungen auf, die eigentlich gar nicht das abbilden. Also das Abgebildete ist nicht das, was dann letztlich beschrieben wird. Und das wäre dann nochmal was, was dann genau diese Reflexionsleistung eigentlich ist, dass wir genau das hinterfragen. Was macht denn das System eigentlich da? Und ich würde sagen, das ist unerlässlich, das zu tun. Also das ist auch was, was ja gerade im Kontext von ChatGPT überall diskutiert wird eigentlich. Wie stiften wir Sinn? Wie viel Glauben können wir da reinstecken. Das Gleiche gilt auch, wenn wir über Fake News sprechen und Desinformationsstrategien, dass wir immer wieder die Frage stellen müssen, ist das eigentlich echt oder ist es nicht echt. Das ist relativ offensichtlich, wenn es beispielsweise der Papst ist, der eine Daunenjacke trägt und irgendwie super krass aussieht. Es ist aber dann auch bedeutsam, wenn beispielsweise im Kontext dieser Demonstrationen gegen rechts gesagt wird, okay, das ist, glaube ich, nicht echt. Ich glaube, das Bild ist KI generiert und so viele Menschen waren da nicht. Also das heißt, dass ist genau da wieder irgendwie was ist, was wir reflektieren müssen, was dann aber auch wieder genutzt wird als Narrativ und in die andere Richtung gelenkt wird, wenn dann eigentlich was ist, was keine, also was nicht künstlich generiert ist, aber dem Ganzen irgendwie unterstellt wird, es sei künstlich generiert. Und das ist dann was, was super gefährlich ist für
Genau, also vielleicht könnte man auch sagen, dass wir ein bisschen die Grenzen verwischen zwischen dem, was eigentlich Simulation ist und dem, was eigentlich in Anführungsstrichen Realität ist.
auf jeden Fall. Man darf aber dabei, glaube ich, insgesamt einfach nicht vergessen, oder um das nicht in falsche Worte zu verpacken, einfach nicht vergessen, dass KI und auch künstliche Kreativität, also künstliche Intelligenz, künstliche Kreativität, dass alles im Grunde Konzepte sind, die motiviert sind, also motiviert von unserer eigenen biologischen, natürlichen Form von Intelligenz und Kreativität, dass das immer nur eine Form von Simulation von etwas ist. Weil wir haben beispielsweise auch andere Formen von Intelligenz, die wir nicht mit unserer Intelligenz in Verbindung bringen würden. Beispielsweise, wenn wir über natürliche Prozesse nachdenken, wie beispielsweise die Verflechtungen von Bäumen und Pilzen, die miteinander kommunizieren. Und dann würde aber auch niemand auf die Idee kommen, okay, die reden so miteinander wie Menschen. Da würde niemand auf die Idee kommen, da irgendwelche Anthropomorphisierung möglicherweise zu benutzen.
Genau, das wäre vielleicht auch nochmal ein Punkt, den wir mit ins Spiel bringen können hier in unserer Auseinandersetzung oder in unserem Gespräch. Die Frage, inwiefern, wir haben jetzt sehr viel darüber gesprochen, inwiefern sozusagen eigentlich auch eine neue Sprache gefordert ist für das, was in der KI, mit der KI, zwischen Mensch und KI eigentlich passiert, also sozusagen abseits der Robo- und Anthropomorphismen, die wir alltäglich nutzen, wenn wir darüber sprechen.
sagen, es ist auf jeden Fall notwendig, neue Zugänge zu schaffen, um genau über diese Systeme zu sprechen, über den Einsatz von künstlicher Intelligenz im weitesten Sinne und auch über die Verflechtungen von Algorithmen und Datenstrukturen. Das ist meines Erachtens super zentral, weil wenn wir dazu neigen, diese Systeme irgendwie als Blackbox zu bezeichnen oder eben mit Anthropomorphen, also vermenschlichenden Eigenschaften zu beschreiben, dann wird das der Komplexität der Systeme meines Erachtens nicht gerecht. Also wir müssen immer dabei berücksichtigen, dass bestimmte kuratierte Datensätze für bestimmte Zwecke eingesetzt werden. Und ich denke, genau dafür braucht es dann auch wieder kreative Zugänge eigentlich. Also dass wir das, was die Kunst da schon macht, was Kunstschaffende schon tun, indem sie die bestimmten Strukturmerkmale und Biases irgendwie als Gegenstand nehmen, als Anlass, um darüber zu sprechen. Ich glaube, genau sowas braucht es, umacy oder wenn wir über die algorithmische Ebene sprechen, dann sowas wie Creative Coding, also dass wir niederschwellig ein Verständnis dafür entwickeln, ausbilden können, um überhaupt über Code zu sprechen, weil das ist was, was glaube ich, immer wenn es um Informatik geht oder um Datenauswertung, dann sind alle schnell bei Excel und schnell bei irgendwelchen Dingen, die abschreckend sind, weil sie eine gewisse Komplexität haben. Und meines Erachtens braucht es eben neue, kreative, niederschwellige Zugänge, um solche Themen zu adressieren, um dann daran anknüpfen, natürlich auch über die gesellschaftliche Relevanz zu sprechen.
vielleicht können wir abschließend sozusagen festhalten, dass unser aller Kreativität gefordert ist im Umgang mit KI und im Denken über KI. Vielen Dank, Juliane, dass du uns zum Thema KI und Kunst im Kontext von KI hier Redort Antwort gestanden hast.
Super gerne. Ich danke für die Einladung.
Und ich danke auch allen Zuhörerinnen und Zuhörern und kann nur empfehlen, auch die vorherigen Folgen des Podcasts sich noch einmal anzuhören.