© Generiert mit DALL·E
Das Werkstattgespräch am 8. April 2025 an der Hochschule für Wirtschaft und Recht Berlin (HWR) widmete sich der kritischen Auseinandersetzung mit der Wechselwirkung zwischen Geschlecht, Technologie und gesellschaftlicher Machtverteilung. Zentral dabei war die Frage, wie sich feministische Perspektiven in die technologische Entwicklung integrieren lassen – insbesondere mit Blick auf digitale Infrastrukturen, Künstliche Intelligenz und Finanztechnologien.
Digitale Technologien sind keineswegs neutral oder objektiv. Ihre Entwicklung ist stets in kulturelle, soziale und ökonomische Kontexte eingebettet. Eine zentrale Perspektive des Gesprächs bestand darin, den Mythos der technischen Objektivität zu hinterfragen und digitale Infrastrukturen als Produkte gesellschaftlicher Machtverhältnisse zu verstehen. Entgegenwirken kann dabei der Lösungsansatz des Decoding Gender, welcher ein ineinandergreifendes Zusammenspiel technischer, politischer und sozialer Ansätze verfolgt. Dies kann erfolgen durch, unter anderem, der Deobjektivierung von Technologien, einem interdisziplinären Austausch oder durch die Förderung diversitätsbewusster Perspektiven der Entwickler:innen.
Am Beispiel der FinTech-Branche wurde aufgezeigt, wie geschlechterbezogene Ungleichheiten auch in digitalen Finanzprodukten fortgeschrieben werden. Die Kombination zweier männlich dominierter Bereiche – Finanzwirtschaft und Technologie – führt dazu, dass viele Produkte unausgesprochen normativ auf männliche Nutzer ausgerichtet sind. Der sogenannte Female Finance Paradox beschreibt dabei das Dilemma zwischen dem berechtigten Anspruch auf inklusive Angebote und der Gefahr, neue Stereotypen zu schaffen. So zeigen empirische Analysen, dass viele geschlechterspezifische Finanzprodukte letztlich binäre Rollenbilder reproduzieren, wie zum Beispiel die Entwicklung einer pinken Finanzapp für Frauen, und geschlechtsspezifische Zuschreibungen verfestigen – anstatt diese aufzubrechen.
Ein weiterer Schwerpunkt lag auf den strukturellen Barrieren für Frauen in MINT- und IT-Berufen. Daten belegen einen anhaltend geringen Frauenanteil – insbesondere in hoch technischen Feldern – sowie eine hohe Abbruchquote entlang der Karriereverläufe. Fachkulturen, mangelnde Vorbilder, eingeschränkte Netzwerke und eine oftmals defizitäre Willkommenskultur tragen zu einer systematischen Exklusion von Frauen bei. Ab einem Anteil von mindestens 30 % Frauen in Teams verändern sich diese Dynamiken jedoch bereits signifikant – Geschlecht wird weniger markiert und die Teilhabe wird normalisiert. Unterhalb dieser Schwelle hingegen treten Mechanismen wie die Leaky Pipeline in Erscheinung, die Frauen nach wie vor sukzessiv aus dem Feld drängen.
Insgesamt machte das Werkstattgespräch deutlich, dass feministische Technologiepolitik weit über Repräsentationsfragen hinausgeht. Am Ende geht es vor allem um die strukturelle Neugestaltung von Entwicklungsprozessen, um die kritische Reflexion technologischer Standards und um die Entwicklung von Systemen, die Diversität nicht nur abbilden, sondern aktiv ermöglichen und repräsentieren. Nur durch die bewusste Integration intersektionaler Perspektiven lässt sich eine gerechtere digitale Zukunft denken, gestalten und gemeinsam (er)leben.