In dieser Folge begrüßen wir ein weiteres Mal Prof. Dr. Karsten Weber von der OTH Regensburg zu Gast, Professor für Technikfolgenabschätzung und Technikbewertung an der Fakultät für Informatik und Mathematik. Gemeinsam mit unserem Moderator Peter Kann spricht er über Herausforderungen und Potenziale, die das verstärkte Aufkommen von Künstlicher Intelligenz in den Geistes- und Sozialwissenschaften hervorruft, sowie über die damit verbundenen philosophischen Fragen nach Bewusstsein, Denken und Emotionen von Maschinen. Erfahren Sie außerdem, warum Grenzen zwischen quantitativen und qualitativen Forschungsarbeiten zunehmend schwinden und wie eine enge interdisziplinäre Zusammenarbeit neue Impulse zur Bewältigung des Spannungsfeldes globaler Wettbewerbsfähigkeit und der Regulierung von KI geben kann.
Transkript Staffel 2, Folge 7 Karsten Weber
00:00:00
SPEAKER_00
Willkommen bei KI Insights, ein Podcast vom Projekt ZAKKI an der Hochschule
Magdeburg-Stendal. Hier teilen Expertinnen verschiedenster Disziplinen ihre Einblicke in
die facettenreiche Welt der künstlichen Intelligenz. In der zweiten Staffel erwarten Sie
Beiträge rund um das Thema Mensch und Gesellschaft im Kontext von KI. Moderiert von
Peter Kann, Lena Büscher und Prof. Dr. Sebastian von Enzberg.
00:00:28
SPEAKER_02
Liebe Hörerinnen und Hörer, willkommen zurück zum KI-Insights-Podcast des Projekts
SAKI der Hochschule Magdeburg-Stendal. Mein Name ist Peter Kann vom AI Social Lab
und ich freue mich sehr, für diese Folge Prof. Karsten Weber von der OTH Regensburg
erneut begrüßen zu dürfen. Herzlich willkommen. Danke, dass ich da schon wieder
dabei sein darf. Karsten Weber ist Professor für Technikfolgenabschätzung und
Technikbewertung an der Fakultät für Informatik und Mathematik und befasst sich unter
anderem auch mit den Bereichen Technikethik und ELSA-Begleitforschung. Diese Folge
widmet sich dem Thema der künstlichen Intelligenz als Herausforderung für die Geistes-
und Sozialwissenschaften und fokussiert auf die Frage, inwieweit KI als
soziotechnisches Konstrukt einerseits auch auf konzeptioneller Ebene eine
Herausforderung für die Geistes- und Sozialwissenschaften darstellt, andererseits auch
diese herausfordert, ihre Rolle bei Einsatz und Entwicklung der Technologie KI zu finden
und ihre Perspektive geltend zu machen. Herr Professor Weber, vielleicht zum Einstieg
die Frage, welche Entwicklungen im Bereich der KI in den letzten Monaten, vielleicht
auch wenigen Jahren, können als besonders relevant für die sozialen
Geisteswissenschaften erachtet werden?
00:01:35
SPEAKER_01
Da muss ich vielleicht als Einschränkung vorweg schicken, da kann ich allenfalls was zur
Philosophie und zur Soziologie sagen, weil da bin ich unterwegs. Ich habe von
Literaturwissenschaften vergleichsweise wenig Ahnung, von Geschichtswissenschaften
und Ähnlichem. Deswegen, meine Bemerkungen beziehen sich im Wesentlichen auf
Philosophie und Soziologie. Da würde ich die zwei entscheidenden Entwicklungen darin
sehen. Einmal eine inhaltliche und einmal eine methodische. Inhaltlich ist natürlich die
ganze Thematik, was ist Bewusstsein, was macht ein Menschen zum Menschen, können
Maschinen denken oder ein Bewusstsein entwickeln oder Emotionen haben, ist
natürlich für die Philosophie des Geistes eine der zentralen. Aufkommen von den großen
Sprachmodellen und der darum sich entwickelnden Diskussion ganz neue Dimensionen
entstanden, denn inzwischen kann man, glaube ich, schwerlich die Leistung von KI
abtun nach dem Motto, ja, das ist alles Berechnung, aber das ist kein Anzeichen von
Bewusstsein. Die Argumentationsstrukturen in der Philosophie des Geistes geraten
durch die Leistungen von modernen KI-Systemen doch erheblich unter Druck. Das
würde ich als die eine inhaltliche Entwicklung sehen, die doch sehr, sehr prägnant ist.
Und die andere ist eine methodisch in der Soziologie. Die Entwicklung von KI gibt uns
ganz neue Methoden an die Hand. Ich will nur ein Beispiel nennen. Transkriptionen von
den Ergebnissen qualitativer Methoden, also zum Beispiel Interviews und ähnlichen.
Das kann man heute durch KI-Systeme wie Vispa beispielsweise automatisieren und
kann damit sehr viel Aufwand, sehr viel Zeit und auch sehr viel Arbeitskraft und auch
sehr viele Nerven sich ersparen. Das heißt, wir bekommen hier wirklich mächtige
Werkzeuge an die Hand, die es eben bis vor gar nicht langer Zeit noch nicht gab. Und das
wird mehr Menschen ermöglichen, selbst empirisch tätig zu sein. Das könnte man als
durchaus positive Entwicklung wahrnehmen.
00:03:35
SPEAKER_02
Wie nehmen Sie wiederum die Rezeption wahr? Ist die sowohl in der Philosophie als
auch in den Sozialwissenschaften, gleich, sagen wir mal, euphorisch oder
zurückhaltend? Wie entwickelt sich das da in den Fachbereichen nach Ihrer
Perspektive?
00:03:52
SPEAKER_01
Also ich habe keinen vollständigen Überblick, sodass alle meine Bemerkungen dazu mit
einer gewissen Vorsicht zu behandeln sind. An vielen Stellen habe ich den Eindruck,
f
inden gerade sowas wie Rückzugsgefechte statt. Wir haben eine Diskussion über zum
Beispiel die Möglichkeiten von KI in der Philosophie, aber auch in Bezug auf soziale
Interaktion, auch in anderen Disziplinen gehabt, die angefangen hat in den 1950er
Jahren und die meistens geführt worden ist mit Sätzen wie das und das werden KI
Systeme niemals können. Und dann kamen irgendwelche Begründungen und viele
dieser Sätze sind einfach, haben sich einfach als falsch erwiesen. Sie können von KI
geleistet werden, diese Dinge, die angeblich nicht von ihr geleistet werden können.
Damit müssen die Leute, die solche Aussagen getroffen haben und die Disziplinen, in
denen diese Aussagen getroffen wurden, erstmal zurecht, in denen diese Aussagen
getroffen wurden, erstmal zurechtkommen und vielleicht einfach diese Position auch
systematisch räumen und vielleicht nicht dann in den Fehler verfallen, wieder so etwas
wie prinzipiell ist das und das nicht möglich. Mit anderen Worten, hier könnte es
durchaus sowohl methodisch als auch ganz massiv inhaltlich zu erheblichen
Veränderungen führen. Wir haben bei Bruno Latour zum Beispiel schon die Idee von
Aktanten kennengelernt. Das muss man sehr viel stärker ernst nehmen inzwischen,
denn wir haben KI-Systeme, die nicht nur als Aktanten in einem eher abstrakten Sinne
auftreten, sondern zunehmend als Akteure auftreten. Und das wird die ganze Rede über
Handeln, über Verhalten, über Motivation und vieles andere mehr, sowohl in der
Philosophie, aber noch mehr in der Soziologie, deutlich verändern.
00:05:34
SPEAKER_02
Bereich des Reflexiven auf den Menschen Wenn man jetzt die Frage stellt,
zurückblicken. was ist zum Beispiel Intelligenz, was ist Autonomie oder auch soziale
Handlungsfähigkeit? Wie würden Sie da sozusagen die Rolle, vielleicht auch als Impuls
der KI an die Theoriebildung eigentlich beschreiben?
00:05:59
SPEAKER_01
Ja, das ist eine extrem gute Frage. Wenn wir in der Vergangenheit darauf hingewiesen
haben, was Intelligenz, Autonomie, Verhandlungsfähigkeit und ähnliches angeht, dann
haben wir oftmals in der Philosophie sowieso, aber zum Teil auch in der Soziologie
letztendlich introspektiv argumentiert nach dem Motto, wir nehmen an uns doch wahr,
dass wir Intelligenz besitzen, ein Selbstbewusstsein besitzen, Entscheidungsfreiheit
besitzen und der Dinge mehr. Selbst diejenigen, die auf Verhalten hingewiesen haben,
haben letztendlich implizit immer unterstellt, wenn wir an anderen Leuten beobachten,
dass sie sich auf eine bestimmte Art und Weise verhalten, dann schreiben wir ihnen
deswegen bestimmte Eigenschaften zu, weil wir sie an uns selbst wahrnehmen. Wenn
man das durchzieht, dann müssen wir in vielen Fällen diese Eigenschaften auch
Maschinen zuschreiben, weil sie ähnliches oder gar gleiches Verhalten zeigen. Das
wiederum sind aber viele nicht unbedingt gewillt. Also nach dem Motto, eine Maschine
verhält sich, als ob sie Bewusstsein hat oder Selbstbewusstsein hat, dann hat wir das
Haben von Eigenschaften festmachen. Das wäre ein Bereich, wo wirklich die
Theoriebildung massiv beeinflusst werden könnte und vielleicht auch beeinflusst
werden müsste.
00:07:34
SPEAKER_02
Spannend an dieser Diskussion ist natürlich auch nicht nur die Frage, was eigentlich der
Mensch vielleicht auch ist, sondern auch, was das eigentlich bedeutet, wenn wir diese
Eigenschaften, wie Sie es eben gerade beschrieben haben, jetzt auch vermehrt
sozusagen den Maschinen zuschreiben müssen. Was bedeutet das eigentlich für
ethische Fragestellungen, also für die Frage, wie kann Verantwortung übernommen
werden? Sind Maschinen jetzt moralische Akteure oder sind sie in einer Form irgendwie
Akteure oder moralische sind sie in einer Form irgendwie Objekte moralische vielleicht?
Objekte vielleicht?
00:08:05
SPEAKER_01
Da muss ich sagen, bin ich selbst noch nicht wirklich einer gefestigten Meinung. Ich
habe eine ganze Reihe von Texten geschrieben, in denen ich die Frage nach KI als
moralischen Akteur tendenziell eher verneint habe und ich glaube, ich würde diese
Position auch im Moment noch aufrechterhalten, weil die Systeme tatsächlich noch
nicht wirklich Eigenschaften mitbringen, die rechtfertigen würden, sie als moralische
Akteure konzeptionell zu denken. Tatsächlich würde ich die Auswirkungen dieser
Diskussion aber an einer ganz anderen Stelle suchen, wo sie häufig gar nicht gesehen
wird. Die Diskussion über die Frage, ob KI-Systeme Selbstbewusstsein haben, Intention
haben, Emotionen empfinden und damit vielleicht eben als moralische Akteure zu
gelten haben, wirft eine ganz andere und mindestens genauso wichtige Frage auf,
nämlich wie wir mit unseren Mitgeschöpfen umgehen. Denn wenn wir diese Diskussion
über Maschinen, über Unbelebtes führen, dann sollten wir vielleicht auch den Blick
darauf wenden, auf die Lebewesen, die uns schon immer umgeben und bei denen wir im
Übrigen, die Parallele finde ich immer extrem verblüffend, ja auch in den letzten 20, 30,
40 Jahren zunehmend sehen mussten, dass sie Dinge können, die wir lange Zeit nur
Menschen zugesprochen haben, dass sie also wahrscheinlich kognitive Fähigkeiten
besitzen, die unseren zumindest ähnlich sind. Und da würde ich die Auswirkungen der
Diskussion über KI als Träger von Rechten und Pflichten sehr viel stärker in Hinblick auf
die Auswirkungen sehen, weil wir das jetzt auf andere Lebewesen anwenden müssen,
wenn wir uns ehrlich machen wollen.
00:09:46
SPEAKER_02
Verbunden mit solchen konzeptionellen Überlegungen sind natürlich häufig auch
Phänomene wie sowas wie die Robomorphisierung des Menschen, die
Anthropomorphisierung der Technik, die natürlich sprachlich nachvollziehbar sind, weil
sie eben eine Kommunikationsfähigkeit überhaupt erst ermöglichen im Sinne eines
metaphorischen Denkens. Gleichzeitig muss man sich natürlich die Frage stellen,
welche Problemlage ist eigentlich damit auch verbunden mit diesen Übertragungen?
00:10:14
SPEAKER_01
die wir in der Öffentlichkeit über KI führen, sind dadurch geprägt, dass wir eine Sprache,
die dafür nicht gemacht ist, auf Maschinen anwenden. Wir reden davon, dass
Maschinen Entscheidungen treffen, dass Maschinen etwas verstehen, dass Maschinen
uns antsein besitzen und ähnliches, weil sie sich so verhalten. Aber trotzdem, im
Moment scheint mir das Argument, dass wir hier einfach sehr komplexe
Berechnungsprozesse beobachten, doch sehr viel überzeugender zu sein. Aber wir
kommen nicht umhin, diese Maschinen gleichzeitig mit einem Vokabular zu
beschreiben, das wir für Menschen entwickelt haben, in einer sehr langen Genese von
Sprache. wir für Menschen entwickelt haben, in einer sehr langen Genese von Sprache.
Und dadurch kommt extrem starke Unschärfe in die Diskussion hinein. Damit sprechen
wir, ohne dass wir das uns bewusst machen, metaphorisch und nicht eigentlich. Und
damit vermenschlichen wir Maschinen auf eine Weise, wie es zumindest derzeit
eigentlich nicht gerechtfertigt ist. Und dann bleibt es eben nicht aus, dass wir
Maschinen zum Beispiel einen bösen Willen stellen und sie so konzeptionieren wie eben
den Terminator aus der entsprechenden Filmserie, dass die KI eben irgendwann die
Weltherrschaft übernehmen will. Das kommt nur deswegen, oder zum guten Teil nur
deswegen dadurch zustande, dass wir eben über diese Maschinen in einer Weise
sprechen, wie wir über Menschen sprechen. Ob sich das beheben lässt, da habe ich
Zweifel, denn wir haben eben nur die Sprache, die wir gerade haben. Und wenn
überhaupt, lässt sich sowas nur über eine sehr lange Zeit verändern.
00:12:20
SPEAKER_02
Dass wir also in gewisser Weise über Maschinen als Akteure in einer bestimmten Weise
sprechen, die sich aber unterscheidet im Hinblick auf die Sprache, wie wir eben über
Menschen als Akteure sprechen. Ob ich das noch erleben werde, das wage ich mal zu
bezweifeln, dass wir da so elaborierte Sprachkonzepte entwickeln. Vielleicht kann ja
gerade diese Entwicklung auch eine der Aufgaben im Kontext von KI sein, die
Philosophie oder auch die Sozialwissenschaften mit übernehmen können. Wir hatten
das vorhin schon ein Stück weit angeschnitten. Vielleicht können wir es noch mal ein
bisschen deutlicher herausstellen. Mit der Anwendung von KI im Kontext von
Philosophie, aber eben vor allem auch in Sozialwissenschaften, wenn es um die Frage
geht, welche Potenziale sie zum Beispiel birgt für die empirische Beforschung auch. Was
sehen Sie da sozusagen als die größten Chancen im Kontext der Entwicklung?
00:12:58
SPEAKER_01
Status und den Umgang mit uns selbst und mit anderen Menschen, aber eben ebenfalls
auch über unsere Mitgeschöpfe nachdenken und da vielleicht wirklich auch einen
gewissen evolutionären Schritt tun in der Form, dass wir Unterschiede, die wir als
konstitutiv für uns selbst in der Vergangenheit erachtet haben, als nicht mehr so relevant
erachten. Und das könnte tatsächlich dazu beitragen, dass wir in vielen Bereichen uns
anders in der Welt verhalten. Das könnte zum Beispiel auch Einfluss haben auf die
Nachhaltigkeitsdebatte, auf die ganze Frage, wie wir mit unserer Umwelt umgehen, wie
wir mit Ressourcen umgehen. uns selbst und unsere vermeintliche Außergewöhnlichkeit
ein bisschen abschwächen in dieser Hinsicht. Da würde ich sowohl inhaltlich als auch
im Hinblick auf Handlungsentscheidungen ein großes Potenzial sehen.
00:13:55
SPEAKER_02
wenn Vielleicht, wir jetzt von den Potenzialen nochmal ein Stück weit zu den
Herausforderungen übergehen Die Frage wollen. stellt sich ja schon welche sozusagen,
Herausforderungen stellt eigentlich sowas wie die großen Datenmengen oder die KI
Algorithmen selbst an die Geistes- und Sozialwissenschaften, wenn es um die
Beforschung dieses Phänomens geht? Also sprich, zum Beispiel in den Critical Code
Studies, ist das ja eine Frage.
00:14:21
SPEAKER_01
Das ist wieder so eine vielschichtige Frage, wo ich, glaube ich, nur bestimmte Aspekte
beantworten kann. Das ist ja eine Frage. möchte, wenn man kritisch auf Big Data
Analytics schauen möchte, dann muss man Zugriff auf die Daten haben. Man muss
auch Zugriff haben auf die Art und Weise, wie diese Daten gewonnen wurden. Und das
ist häufig nicht der Fall. Das wird von denen, die Daten liefern können, häufig nicht
geleistet, weil da natürlich auch sehr viel, wie soll ich sagen, Geschäftskapital mit drin
eingebunden ist. Das heißt, wir als Forschende stehen vor der Herausforderung,
einerseits selbst mit Daten arbeiten zu wollen, andererseits die Güte von Daten anderer
Akteure beurteilen zu wollen, aber das oftmals nicht zu können. Das wäre, glaube ich,
ein Aspekt, der hier eine ganz große Rolle spielt. Und dann natürlich das leidige
Ressourcenproblem. Wir könnten natürlich auch im wissenschaftlichen Bereich
verstärkt hier tätig zu setzt aber versuchen, dass eben die entsprechenden Daten
vorhanden Das Datensammeln sein, ist aber voraus, mühsam und letztendlich auch
Und damit stellt sind. sich die wie kann man ohne dass das auf andere Bereiche teuer.
von Forschung und Entwicklung Frage, negative Auswirkungen hier, wo kann man
beispielsweise diese Ressourcen freimachen?
00:15:52
SPEAKER_02
Vielleicht kann man an diesem Punkt, weil es jetzt thematisch passt, durchaus nochmal
den Verweis hier setzen auf die letzte Folge, die wir zusammen aufgenommen haben
zum Thema Macht- und Herrschaftsverhältnisse, in der das durchaus auch ein Thema
oder eine Frage die war, wir bearbeitet haben. Vielleicht, um nochmal stärker in diese
Richtung zu gehen und zu fragen, welchen Einfluss nehmen eigentlich die
Sozialwissenschaft und die Philosophie heute schon auf die Entwicklung von KI oder
auch auf den Einsatz von KI? Entwicklung von KI oder auch auf den Einsatz von KI?
00:16:24
SPEAKER_01
In dem Sinne, dass Sie zum Beispiel die Möglichkeiten von KI als Methoden in den
Methodenkoffer integrieren oder eben auch weiterentwickeln, entsprechende
Methoden, haben Sie schon eine sehr aktive Rolle. Sie haben in der öffentlichen Debatte
häufig die eher undankbare Rolle derjenigen, die eben kritische Fragen stellen und
werden dabei manchmal, würde ich sogar sagen, auch zu Recht durchaus auch als
Instanzen verstanden, die ein bisschen auf der Bremse stehen. Ich denke, es gibt eine
ganze Reihe von Diskussionszweigen, wo in einer Weise Widerstand geleistet wird gegen
einen technischen Wandel, wo man den Verdacht haben muss, dass hier auch sehr viel,
ich will es mal formulieren, ideologische Überzeugung eine Rolle spielen und nicht so
sehr Sachargumente eine entscheidende Rolle spielen. Man kann natürlich
argumentieren, dass man den Status Quo erhalten möchte. Das wäre aber etwas, wo
man dann doch denken könnte, das ist so ein bisschen das Verhalten von Don Quixote
und bei den Windmühlen. Bestimmte Veränderungen sind eben nicht so ohne weiteres
beeinflussbar und manchmal würde ich sogar sagen, bestimmte Veränderungen sollten
auch nicht von bestimmten Gruppen ohne weiteres anhand von Partikularinteressen
beeinflusst werden. Und die starke Skepsis gegenüber dem technischen Wandel in
manchen Disziplinen, der ist einfach so, den muss man aber nicht unbedingt gut finden.
00:17:56
SPEAKER_02
Vielleicht ist das in mancher Disziplin auch ein Stück weit historisch ererbt, die Skepsis
gegenüber technischem Fortschritt und die Frage, inwiefern man diesen eher immer
kritisch betrachten muss zunächst. Um aber sozusagen auch ein bisschen in dieser
kritischen Perspektive, mit dem kritischen Blick weiterhin zu schauen, kann man
natürlich die Frage stellen, welche problematischen Tendenzen in der Entwicklung von
KI können eigentlich die, insbesondere Sozialwissenschaften, vielleicht auch sichtbar
machen und
00:18:40
SPEAKER_01
bearbeiten. Ich denke da an sowas wie Normierungs- und Standardisierungstendenzen
durch KI im Bereich von Wissen, aber auch im Prinzip der gesamten Welt, eben die
Diskriminierungseffekziplinen auch in den Geistes- in bestimmten sozialen
Zusammenhängen verändert. Also erstmal eine Bestandsaufnahme zu betreiben,
wirklich systematisch Daten zu sammeln und auch der Allgemeinheit zur Verfügung zu
stellen, das ist sicherlich eher mal so eine Art von Kernergeschäft, würde man
wahrscheinlich sagen, aber es ist eine notwendige Arbeit, denn ansonsten macht sie
niemand, allenfalls aus unternehmerischen Zwecken, als zum Beispiel das, was in der
Marktforschung passiert. Aber hier eben möglichst objektiv, möglichst distanziert Daten
sammeln über die Veränderungen, die durch Technik ausgelöst werden, das ist
sicherlich eine wichtige Rolle. von Hypothesen über Zusammenhänge, wie Gesellschaft
funktioniert, wie Menschen aufeinander reagieren, das Aufstellen von Hypothesen, wie
sich die Zukunft entwickeln wird, wie Veränderungen, die wir heute wahrnehmen, sich in
der Zukunft auswirken werden. Mit der immer wieder Überprüfung, ob diese Prognosen
auch wirklich eingetreten sind und dann auch der Untersuchung, warum sie oder warum
sie nicht eingetreten sind. Denn das wiederum könnte uns dabei helfen, an der einen
oder anderen Stelle bessere Entscheidungen zu treffen, beispielsweise im politischen
Zusammenhang. Also hier würde ich die Rolle der Sozialwissenschaften und
insbesondere der Soziologie als eine extrem produktive ansehen, aber sie müsste sich
dem Thema eben auch annehmen.
00:20:47
SPEAKER_02
Die daran geknüpfte Frage, wenn es sozusagen um transdisziplinäre Anwendungen auch
zum Beispiel der Soziologie geht, ist natürlich immer wieder, wie kann in so
interdisziplinärer Zusammenarbeit zwischen technischen, naturwissenschaftlichen
Fachbereichen und den Sozial- und Geisteswissenschaften eigentlich eine fruchtbare
Atmosphäre geschaffen werden, um Entwicklung und Anwendung von KI zu bearbeiten
gemeinsam? Die fruchtbarste Variante der Zusammenarbeit ist
00:21:14
SPEAKER_01
Variante der Zusammenarbeit ist eben, dass beispielsweise von technischer Seite zur
Kenntnis genommen wird, im ganz positiven Sinne, dass wir aus den geistes- und
sozialwissenschaftlichen Fächern und Disziplinen tatsächlich einen konstruktiven
Beitrag zur weiteren technischen Entwicklung liefern können. und ergreifen falsche
Vorstellungen von den Menschen existieren, die bestimmte Produkte in der Zukunft
einsetzen sollen. Dann wird dann häufig an den Menschen vorbei entwickelt und dann
wundern sich diejenigen, die diese Technik entwickelt haben, dass niemand sie
einsetzen möchte. Das kann man vermeiden. Vielleicht nicht immer und nicht vielleicht
in vollem Umfang, aber man kann eben beispielsweise durch Akzeptanzstudien schon
herausfinden, was Menschen erwarten, unter welchen Umständen sie bereit sind,
Technik zu nutzen, um dann eben die technische Entwicklung selbst zu informieren. Im
Pflegebereich machen wir das hier in Regensburg zum Beispiel sehr umfänglich und ich
glaube, da haben alle Seiten durchaus von profitiert. Damit eben dann beispielsweise
nicht hohe Investitionen in Krankenhäusern oder in Pflegeheimen getätigt werden und
die Geräte, die man dann angeschafft haben, landen dann doch im Schrank und werden
niemals genutzt. Das kann man vermeiden, zumindest bis zu einem gewissen Grad.
Umgekehrt können wir wiederum aber auch als Geistes- und Sozialwissenschaftler aus
dem naturwissenschaftlich-technischen Bereich eine ganze Menge lernen, nämlich in
der Art und Weise, wie dort Probleme gelöst werden, nämlich indem man sie in kleinere
Probleme zerteilt, die dann irgendwann lösbar sind. Und gerade in
sozialwissenschaftlichen Zusammenhängen könnte das eine Vorgehensweise sein, die
dabei helfen kann, nicht vor den großen Problemen stehen zu bleiben und zu sagen, das
ist so da komplex, können wir gar nicht mit umgehen, sondern eben tatsächlich zu
versuchen, die Problemlösung für das Große aus kleinen Problemlösungen auf
niedrigeren Ebenen zusammenzusetzen. Die Kritik daran ist natürlich auch
offensichtlich. Man könnte nämlich dadurch das große Ganze aus dem Blick verlieren
und irgendwie nur so ein bisschen an den Symptomen herum doktern. Diese Kritik ist
nicht völlig von der Hand zu weisen. Da steckt eine gewisse Wahrheit drinnen, aber
trotzdem diese pragmatische Herangehensweise, die dann auch damit leben kann, dass
man bestimmte Probleme nicht auf einen Schlag aus der Welt schaffen kann, da
könnten wir durchaus in den Geistes- und Sozialwissenschaften ein Stück weit was von
lernen und dann vielleicht an manchen Stellen weniger, sagen wir mal, ideologisch
getrieben und ein bisschen stärker pragmatisch argumentieren.
00:23:57
SPEAKER_02
denken gerade die Soziologie bietet ja auch mit diesen empirischen Methoden der
Erstellung von Theorien mittlerer Reichweite sozusagen auf begrenzte Felder beschränkt
eigentlich auch ein Mittel, um zu sagen, ja ich muss nicht immer das große Ganze
bearbeiten, sondern ich kann mir eben auch die einzelnen Felder, einzelnen
Themenbereiche herausnehmen und man kann das Mosaik vielleicht, wenn man es so
ein bisschen sinnbildlich sagen möchte, dann zum Schluss nochmal zusammensetzen
und im Großen und Ganzen betrachten.
00:24:28
SPEAKER_01
weil die da vielleicht in besonderer Weise für prädestiniert sind, weil wir von
Hochschulen für angewandte Wissenschaften arbeiten und in gewisser Weise ja auch
diesen Auftrag haben, sehr stark anwendungsorientiert zu denken. Aber wir brauchen
natürlich beides. Wir brauchen die Leute, die Theorien der mittleren Reichheit
entwickeln und anwenden. Wir brauchen die Leute, die die großen Theorien entwickeln,
die man dann wiederum in die Anwendung hinbringen kann, umsetzen kann. Dieses
Wechselspiel, das letztendlich pragmatisch getrieben sein sollte, das könnte zumindest
nochmal einen neuen Impuls dadurch bekommen, dass wir gerade vor einer
erheblichen gesellschaftlichen Herausforderung stehen, die eben durch Technik mit
angetrieben wird.
00:25:26
SPEAKER_02
Nun kann man vielleicht auch sagen, dass gerade die Auseinandersetzung aus Sicht der
Philosophie, aber wahrscheinlich auch besonders aus Sicht der Sozialwissenschaften in
einem Spannungsfeld, auch in einem gesellschaftlichen Spannungsfeld stattfindet, in
dem häufig einerseits die Frage nach der global ökonomischen Position der einzelnen
Nationalstaaten oder der nationalstaatlichen Verbände im Sinne der Innovation, der
Wettbewerbsfähigkeit, hohen Druck aufbaut und gleichzeitig ein Stück weit immer
antagonistisch die Beforschung und Regulierung von KI dagegen gestellt wird. Wie
können die Geistes- und Sozialwissenschaften vielleicht fruchtbar mit diesem
Antagonismus umgehen? Inwiefern sind sie vielleicht auch herausgefordert dadurch
oder auch vielleicht behindert sogar?
00:26:13
SPEAKER_01
behindert sogar? Sie sind mit Sicherheit herausgefordert. Das ist allerdings keine neue
Situation, die jetzt irgendwie durch KI entstanden ist, sondern wir stehen, glaube ich,
spätestens seit der Mitte des 20. Jahrhunderts erheblich vor der Herausforderung,
unsere Existenz begründen zu müssen. Schlicht und ergreifend, weil eben Wissenschaft
und Technik, naturwissenschaftlich-technische Herangehensweisen, die an die Welt so
unglaublich erfolgreich sind und uns all die natürlich die wunderbaren Produkte, die uns
umgeben, die wunderbare Technik, die unser Leben zum Teil überhaupt erst ermöglicht,
zur Verfügung gestellt haben, aber gleichzeitig natürlich auch die damit einhergehenden
Probleme produziert haben. dass wir begründen müssen, Situation, warum es uns
überhaupt gibt oder geben soll. Diese Haltung führt dann aber eben ganz stark oft dazu,
dass wir sozusagen uns selbst antagonistisch positionieren, nach dem Motto, wir sind
der Korrekturfaktor, wir müssen Kritik äußern, wir müssen diesem ungebremsten
technischen Fortschritt und den blinden Folgen dieses technischen Fortschritts etwas
entgegenstellen und in gewisser Weise diejenigen sein, die hier auf die Bremse treten.
Das stimmt bis zu einem gewissen Grad auch. Ich glaube, diese Rolle ist wichtig, also
Kontrapunkt zu geben zu einer euphorisierten Technikgläubigkeit. Das hat schon auch
seine Existenzberichtigung, aber wirksam werden wir, glaube ich, sehr viel stärker
dadurch, dass wir versuchen, gezielt mitzugestalten in der Form, dass wir uns wirklich
gezielt und konkret in die technische Entwicklung einmischen, dass wir uns gezielt und
konkret in die Regulierung der Technikentwicklung einmischen, dass wir also konstruktiv
tätig werden. Und das passiert ja auch. Also es wäre falsch zu glauben, dass hier das
nicht passieren würde. Es passiert sogar massiv. Nur tatsächlich diejenigen, die sich auf
diese konstruktive Art und Weise einmischen und dadurch auch extrem produktiv sind,
und das sind viele, muss man sehr deutlich sagen, die haben aber nicht unbedingt die
öffentliche Aufmerksamkeit, die eben jene gewinnen, die sich manchmal sehr pointiert,
manchmal vielleicht auch sehr überpointiert in die Öffentlichkeit hineinstellen und
sagen, aber das geht gar nicht oder das ist ganz furchtbar oder das darf nicht sein. Das
ist in einer Ökonomie, die zu einem erheblichen Maße auch eine
Aufmerksamkeitsökonomie ist, eben eine Strategie, sehr viel mehr Aufmerksamkeit zu
bekommen, wohingegen die wirklich das Tagesgeschäft der konstruktiven Einmischung
in die Regulierung von Technik betreiben, naja, das sind halt die, die die Arbeit machen
und dabei nicht besonders sichtbar werden. die die Arbeit machen und dabei nicht
besonders sichtbar werden.
00:29:03
SPEAKER_02
Gerade vor dem dass ja auch zum Hintergrund, Beispiel die aber auch Deutschland, EU,
das sozusagen auch als unique selling würde point, ich es mal nennen, sich ans Reverse
zu sie sind der heften, Standort sagen, für die ethische, sozialverträgliche Entwicklung
von KI, kann man natürlich beobachten, dass das Thema Ethik in diesem Kontext eine
starke Konjunktur, glaube ich, einfach hat. Ethische Fragen werden immer stärker da
bearbeitet. Ein Stück weit stellt sich mir aber auch die Frage, ist diese Fokussierung auf
ethische Fragestellungen vielleicht ein Problem in der Hinsicht, dass eventuell stärker
wirklich auch Macht- und Herrschaftsverhältnisse hinterfragt werden müssen, denn KI
ist ja prinzipiell auch immer das, was vor dem Hintergrund dieser Verhältnisse eigentlich
daraus gemacht wird und wie der Einsatz passiert.
00:29:56
SPEAKER_01
gerade in Bezug auf KI. Eine ähnliche Entwicklung hatten wir in den 80er-Jahren des
Jahrhunderts 20. mit dem Aufkommen der Medizinethik. Da sind unzählige Lehrstühle
beispielsweise entstanden. Und es ist durchaus zu beobachten, dass an vielen
Universitäten und Hochschulen eben so eine Entwicklung erneut vollzogen wird, jetzt
aber eben in Bezug auf Digitalisierung und KI. In gewisser Weise, muss man sagen, bin
ich sogar Nutznießer dieser Entwicklung. Das Problem dabei scheint mir darin zu legen,
dass viele dieser Diskussionen darüber so geführt werden, dass letztendlich im
Wesentlichen die ganzen Diskussionen individuell ethisch geführt werden. Also
letztendlich auf die Verantwortung einzelner Subjekte heruntergebrochen wird, wobei
Subjekte nicht notwendigerweise Menschen sein müssen, sondern gegebenenfalls auch
Unternehmen sein können oder andere Organisationen. wiedererwecken könnten, die in
den 70er und 80er Jahren des 20. Jahrhunderts geführt worden ist, nämlich eine, wo es
um Gerechtigkeit auf gesellschaftlicher Ebene gegangen ist. Ich bedauere es ein
bisschen, nicht nur, weil ich darüber habilitiert habe, aber ich bedauere es ein bisschen,
dass zum Beispiel diese großen Gerechtigkeitstheorien von John Rawls beispielsweise
oder von Martha Nussbaum in der aktuellen Diskussion überhaupt keine große, also
zumindest nach meiner Wahrnehmung, gar nicht mehr diese große Rolle spielen, die sie
eigentlich spielen könnten, weil sie Konzeptionen der Gerechtigkeit umfassen, die dazu
beitragen soll, dass Gesellschaften sich eben nicht immer stärker in eine Richtung von
Ungleichheit entwickeln, dass Diskriminierung eben ein allgemeingesellschaftliches
Thema sein muss und nicht von einzelnen Anspruchsgruppen oder einzelnen
Verantwortlichen. Das muss auf einer gesellschaftlichen Ebene mit Konzepten diskutiert
werden, die aus der politischen Philosophie beispielsweise herausentwickelt werden.
Die individualethische Herangehensweise hat ihre Rolle und muss ihre Rolle spielen. Sie
ist überhaupt nicht verzichtbar. Im Gegenteil, sie ist un, Luft nach oben. Aber leider
stehen solche großen Theorien immer auch ein bisschen unter dem Verdacht, dass sie
eben von Leuten formuliert worden sind, die halt an vielen Stellen bestimmte Probleme
noch nicht gesehen oder sie nicht in den Vordergrund gerückt haben. Also das ganze
Thema Geschlechtergerechtigkeit findet man zum Beispiel natürlich noch nicht bei John
Rawls. Die Kritik ist berechtigt, aber man kann ihn darauf anpassen. Man kann diese
Theorien tatsächlich auch auf solche Fragen anpassen. Und das wäre, glaube ich, eine
wichtige Aufgabe. Und die Veränderungen, die durch KI angestoßen werden, könnten
dazu ein Anlass sein, dieses Unterfangen auch zu beginnen. Anlass dieses sein,
Unterfangen auch zu beginnen.
00:33:02
SPEAKER_02
Also könnte man vielleicht auch festhalten, dass die Entwicklungen rund um KI auch die
Geistes- und Sozialwissenschaften einfach zur Selbstreflexion und zur Überprüfung
ihres eigenen theoretischen Repertoires anhalten und damit im Prinzip sowohl die
Entwicklung der KI mit beeinflussen, als auch die Entwicklung der Geistes- und
Sozialwissenschaften beeinflusst werden und vielleicht dazu eine Modernisierung in
irgendeiner Form führt, wo man vielleicht sagen kann, nicht alle theoretischen Ansätze,
die schon ein paar Jahrzehnte vielleicht alt sind sogar, sind deswegen obsolet, sondern
sie müssen permanent überprüft werden auf ihre Anwendbarkeit, auf die aktuelle
Situation.
00:33:43
SPEAKER_01
In der Tat, und da könnten wir im Übrigen nicht nur im normativen Bereich lernen. Im
normativen Bereich natürlich sehr stark. Man muss sich ja nur klarmachen, Leute, die
aus der technischen Entwicklung kommen, sprechen von Fairness, von KI und Fairness.
Die haben halt häufig ein, und ich meine das gar nicht böse, denn es ist auch nicht ihre
Aufgabe, einen elaborierten Begriff von Fairness zu entwickeln, obwohl sie durchaus
damit konkrete Ziele verbinden. Wir aus den Geistes- und Sozialwissenschaften,
insbesondere in diesem Fall aus der Philosophie, könnten hier einen extrem wichtigen
und konstruktiven Beitrag leisten, um diesen Fairness-Begriff zum Beispiel
auszubuchstabieren. Wir haben das Instrumentarium bei Rawl. Sprechen wir ständig
von Fairness. Auch andere sprechen von Fairness. Das heißt, wir könnten diese
Begriffsbildung fruchtbar machen. Es gibt viele andere Bereiche, wo das ist. Wir könnten
auch im Bereich der ganzen Diskussion um Explainability, also Erklärbarkeit und
Interpretierbarkeit, könnten wir sicherlich einiges aus der Diskussion um also
Erklärbarkeit und Explainability, könnten wir Interpretierbarkeit, sicherlich einiges aus
der Diskussion um Realismus und Konstruktivismus zum Beispiel in die technische
Entwicklung einbringen. Und vielleicht dann auch aus dem sozialwissenschaftlichen
Bereich könnten wir die ganze Diskussion um arbeitsteilige Gesellschaften und über die
Frage, wie man sie sinnvoll organisiert, in diese Diskussion einbringen, denn es macht
letztendlich auch in komplexen Gesellschaften, in komplexen Massengesellschaften
überhaupt keinen Sinn, in vielerlei Hinsicht überhaupt keinen Sinn, dass jede und jede
das Wissen erwirbt, um die Funktionsweise eines KI-Systems im Detail zu kennen. eines
KI-Systems im Detail zu kennen. Das machen wir nicht bei Autos, das machen wir nicht
bei Lichtschaltern, das machen wir bei keinem das wir Gerät, jeden Tag nutzen. Und
trotzdem können wir unsere Ansprüche anmelden und trotzdem können wir technische
Regulierung fordern. Wir müssen nicht alle Experten und Experten für alles sein. Und
auch das kann man zum Beispiel aus den Sozialwissenschaften lernen, dass
Gesellschaften aber funktionieren können, selbst wenn nicht jeder alles weiß.
00:35:48
SPEAKER_02
Vielleicht, da wir jetzt langsam doch zum Abschluss dieser Folge kommen wollen,
würde ich Sie bitten, doch wieder, ich weiß, Sie machen es vielleicht nicht so gern, den
Blick in die Glaskugel doch zu wagen und die Frage zu beantworten, aus Ihrer
Perspektive natürlich, welche Zukunftsaussichten im Kontext von KI sehen Sie, zeichnen
sich für die Philosophie und die Sozialwissenschaften in den nächsten Jahren ab? Für
die
00:36:12
SPEAKER_01
Sozialwissenschaften zeichnet sich ein massiver Umbruch im Hinblick auf die
Methoden ab. Wir werden mit Sicherheit in Zukunft Methoden an die Hand bekommen,
die wir uns in unseren wildesten Träumen für die Auswertung von Daten nicht vorgestellt
haben. Was dabei zum Beispiel tatsächlich überwunden werden könnte, und ich würde
es mir sehr wünschen, wäre die Unterscheidung in quantitative und qualitative
Forschung. Denn moderne KI-Methoden haben das Potenzial, diese Kluft womöglich zu
überwinden und den ja teilweise auch künstlich gemachten Unterschied zu überwinden.
Das wäre methodisch wünschenswert und mit Sicherheit wird da eine ganze Menge
passieren und Soziologie insbesondere deutlich verwandeln. Dann natürlich das ganze
Thema, wie generieren wir eigentlich Theorien, ist natürlich auch etwas, was angesichts
von Big Data Analytics nochmal zur Diskussion steht. Das ist eine philosophische, aber
eben auch eine methodologische Frage. Also das automatische Ableiten von
Hypothesen aus Datenbeständen ist ja auch nichts ganz Neues, aber das könnte eben
auch nochmal sowohl die Ausbildung für diese Fächer als auch eben die Praxis in diesen
Fächern deutlich verändern und auch nochmal gewisse grundsätzliche
erkenntnistheoretische und wissenschaftstheoretische Fragen in ganz neuer Weise
stellen. Und dann ist natürlich gerade auf Seiten der Philosophie das ganze Thema, was
macht einen Menschen aus, was bedeutet es, Bewusstsein zu haben. Was bedeutet es,
Bewusstsein zu haben? Womöglich wird diese Frage irgendwann ähnlich obsolet
werden, wie viele andere wissenschaftliche Fragen im Laufe der Zeit einfach obsolet
geworden sind, weil sein. Vielleicht finden wir da Antworten in der KI-Entwicklung. Und
dann würde sich natürlich die ethische Frage nochmal ganz neu stellen, wer ist
Verantwortungssubjekt, wer ist Trägerin und Träger von Rechten und Pflichten. Diese
Frage könnte auch oder sie wird ja im Grunde genommen schon gestellt und könnte
nochmal auf sehr viel dringlichere Art und Weise in Zukunft gestellt werden.
00:38:29
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Vielleicht können wir zum Abschluss festhalten, dass sowohl große Herausforderungen
als auch große Chancen eigentlich für sowohl die Philosophie als auch die Soziologie
oder Sozialwissenschaften im Kontext von KI in der Zukunft zu erwarten KI wird sind.
diese Fachbereiche auch weiterhin dazu auffordern, sowohl die Entwicklung und den
Einsatz dieser Technologie als auch die eigene Rolle und die eigenen Konzepte immer
wieder kritisch zu reflektieren. In diesem Zusammenhang möchte ich Ihnen, lieber Herr
Professor Weber, jetzt dafür danken, dass wir heute nochmal diesen Themenaspekt
zusammen besprechen konnten. Seien Sie, liebe Hörerinnen und Hörer, herzlich
eingeladen, auch in den kommenden Folgen des KI-Insights-Podcasts hineinzuhören.
Bleiben Sie kritisch und im Gespräch über die Rolle der Sozial- und
Geisteswissenschaften im Kontext von KI.
00:39:18
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Der KI-Insights-Podcast ist eine Initiative des Projekts SAKI, der zentralen Anlaufstelle
für innovatives Lehren und Lernen interdisziplinärer Kompetenzen der KI der
Hochschule Magdeburg-Stendal, gefördert vom Bundesministerium für Bildung und
Forschung.